Für das Bundesfinanzgericht (BFG) kommt es für die Frage, wo der Hauptwohnsitz des Verkäufers liegt, nicht allein darauf an, wo der Verkäufer amtlich gemeldet ist, sondern auch auf die tatsächlichen Verhältnisse.
In der konkreten Entscheidung des BFG wurden dem Verkäufer einer Wohnung Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen in Höhe von € 6.265,00 vorgeschrieben. Er brachte dagegen eine Beschwerde ein. Seiner Meinung nach hat es sich bei der verkauften Wohnung um seinen Hauptwohnsitz gehandelt.
Der Wohnungsverkäufer hatte gemeinsam mit seiner Mutter bis zum Jahr 2006 seinen amtlichen Hauptwohnsitz in der verkauften Wohnung. Danach meldete er seinen amtlichen Hauptwohnsitz an der Adresse seiner Großmutter an.
Nach dem Tod seiner Mutter wurde ihm mit Einantwortungsbeschluss vom 16. Mai 2011 das Eigentumsrecht an der Wohnung übertragen. Er behielt seinen amtlichen Hauptwohnsitz bei den Großeltern bis März 2012. Von März bis September 2012 hatte er dann wieder seinen Hauptwohnsitz in der verkauften Wohnung. Im August 2012 wurde die Wohnung von ihm verkauft.
Der Verkäufer gab an, dass er tatsächlich immer in dieser Wohnung gewohnt hatte und nicht bei seiner Großmutter. Seinen amtlichen Hauptwohnsitz verlegte er nur aus finanziellen Gründen, weil er zu diesem Zeitpunkt zu arbeiten begann und daher wären die Rückzahlungen für die Wohnbauförderung höher geworden. Seine Mutter hätte sich aber höhere Rückzahlungen nicht leisten können.
Er legte schriftliche Erklärungen von vier Nachbarn der Wohnung vor, die bestätigten, dass er an dieser Adresse durchgehend seinen Lebensmittelpunkt hatte. Auch der Großvater des Wohnungsverkäufers bestätigte dies.
Aus den vorgelegten Energieabrechnungen ging hervor, dass der Strom- und Wasserverbrauch nach dem Tod der Mutter niedriger war als zuvor, aber es gab durchgehend Strom- und Wasserverbrauch sowie Verbrauchskosten für die Heizung. Nach Meinung des Bundesfinanzgerichts sprachen die Energieabrechnungen daher für die Argumente des Verkäufers.
Das Finanzamt bezog sich bei der Beurteilung des Sachverhalts lediglich auf die behördliche Anmeldung des Wohnungsverkäufers. Nach Vorlage aller Beweise stellte das BFG allerdings fest, dass der Verkäufer durchgehend seinen Hauptwohnsitz in der verkauften Wohnung hatte. Der angegebene Grund für die Ummeldung war schlüssig, genauso wie die Aussagen des Großvaters und die (offenkundig fremden) Nachbarn. Deshalb lag für das Bundesfinanzgericht ein durchgehender Hauptwohnsitz vor. Der Verkauf der Wohnung war daher durch die Hauptwohnsitzbefreiung steuerfrei.
Stand: 11. April 2016